Prostatakrebs Behandlung und Operation
Prostatakrebs: auf den Arzt kommt es an
Ein Gastbeitrag im Namen der Martini-Klinik Faculty, Priv.-Doz. Dr. med. Lars Budäus
(Leitender Arzt am Prostatakrebszentrum des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf)
Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung und die dritthäufigste Krebstodesursache bei Männern in Deutschland und in anderen westlichen Industrienationen. Die Zahl der Neuerkrankungen ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Als Ursache für diesen Anstieg wird neben der allgemein höheren Lebenserwartung der zunehmend angewandte PSA-Test (Bluttest bzgl. des Prostata-Spezifischen Antigens) angenommen. Im Gegensatz zur Erkrankungsrate ist die Sterberate aber seit Mitte der 1990er Jahre rückläufig. Das Prostatakarzinom wächst im Vergleich zu anderen Krebsarten relativ langsam – Je früher Prostatakrebs entdeckt wird, desto größer sind die Heilungschancen.
Die Entwicklung in der Diagnostik und Therapie von Prostatakrebs ist in den vergangen drei Jahrzehnten rasant gewachsen. Bei Verdacht auf ein Prostatakarzinom bringt aber nach wie vor erst eine Gewebeprobe (Biopsie) Gewissheit. Tumorbereiche können allerdings durch neue bildgebende Ultraschall-Untersuchungen besser aufgespürt werden und bei der Biopsie verhilft eine fortschrittliche 3D Bildqualität zur exakten Zielsetzung der Gewebeentnahme. Die Heilungsraten des Prostatakrebses haben sich kontinuierlich gesteigert und vor allem beim Erhalten der Kontinenz und Potenz sind große Fortschritte erzielt worden.
Wird tatsächlich Prostatakrebs diagnostiziert, gibt es weitere Untersuchungen, um die Aggressivität und Ausbreitung des Tumors einzuschätzen. Die vollständige Entfernung der Prostata (radikale Prostatektomie) ist die derzeit am häufigsten angewandte und eine sehr bewährte Methode. Die roboterassistierte Operation mit dem da Vinci®-System stellt eine Alternative zur klassischen offenen Schnittoperation dar. Dieses Verfahren ist seit der Einführung 2007 weit über 2000 Mal in der Martini-Klinik am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf durchgeführt worden. Renommierte internationale Studien haben ergeben, dass die Qualität einer Prostataoperation steigt, je mehr Prostatakrebs-Operationen der Arzt bereits durchgeführt hat. Dies gilt nicht nur für die Heilungschancen der operierten Männer, sondern betrifft vor allem eine bessere Rate an Kontinenz- und Potenzerhaltung. Für den Patienten ist es also vorteilhaft, wenn der operierende Arzt bereits sehr viel Erfahrung im Bereich der Prostataentfernung sammeln konnte. Da diese Qualitätsmerkmale für den Erhalt der Lebensqualität entscheidend sind, ist es ratsam, sich umfassend über die Anzahl der Prostataoperationen einer Klinik zu informieren. Durch das moderne Faculty-System an der Martini-Klinik können mehrere Leitende Ärzte ihre Patienten individuell operieren und betreuen. Damit operiert jeder Leitende Arzt 200 bis 300 Patienten pro Jahr. Außerdem werden an der Martini-Klinik Zahlen bzgl. der Behandlungsergebnisse veröffentlicht, die nicht nur der Transparenz, sondern auch der eigenen Qualitätskontrolle der Operateure dienen.
In puncto Therapieentscheidung darf man jedoch nicht allein die Aggressivität und Ausbreitung des Tumors beachten. Bei einem so langsam wachsenden Tumor wie dem Prostatakrebs, ist die weitere geschätzte Lebenserwartung des Patienten ein ebenso wichtiges Kriterium, die abhängig vom Lebensalter und der Schwere weiterer Begleiterkrankungen wie zum Beispiel Herzerkrankungen ist. Bei einem langsam wachsenden, wenig aggressiven Tumor, der in einem sehr frühen Stadium entdeckt wurde, könnte zum Beispiel auch die Aktive Überwachung eine geeignete Therapie sein. Dabei wird der Tumor mittels PSA-Verlauf und regelmäßiger Biopsien beobachtet. Bei einer Zunahme der Aggressivität wird dann eine definitive Therapie eingeleitet.
Sollte nach einer Operation oder Bestrahlung der Prostata die Erkrankung nicht geheilt sein und später metastasieren, oder aber zum Zeitpunkt der Erstdiagnose schon Metastasen im Knochen, Lymphknoten oder Organen auffallen, so könnte eine medikamentöse Therapie der Tumorerkrankung angestrebt werden. Hier sind im Einzelfall auch neue Therapiekonzepte hilfreich, die im Rahmen von klinischen Studien angeboten werden können.
Durch die Spezialisierung auf ein Krankheitsbild trifft in einem Prostatakrebszentrum das geballte Know-how zusammen. Dies beschränkt sich nicht nur auf den Operateur sondern auch auf andere Fachdisziplinen, wie die Pflegekräfte, Psychoonkologen, Strahlentherapeuten und Narkoseärzte – um nur einige zu nennen. So steht in einem Zentrum ein umfangreiches interdisziplinäres Fachwissen zur Verfügung, welches auch niedergelassenen Urologen zu Gute kommt: Da die Behandlung von Patienten mit einer fortgeschrittenen Erkrankung häufig das Zusammenspiel mehrerer Fachrichtungen erfordert, können im Rahmen eines interdisziplinären Tumorboards im Kreise von Urologen, Onkologen, Strahlentherapeuten und Nuklearmedizinen therapeutische Maßnahmen beschlossen werden. Bei Bedarf können die Tumorboards durch weitere Fachdisziplinen erweitert werden.
Besonders erfahrene Kliniken werden durch die Deutsche Krebsgesellschaft als Prostatakrebszentrum zertifiziert. Für diese Zertifizierung müssen die Qualitätskriterien eines umfassenden Kriterienkatalogs erfüllt sein, die weit über die Anzahl der jährlichen Eingriffe einer Klinik hinausgehen. Es geht um die Struktur des kooperierenden Netzwerks, die Tumordokumentation und Ergebnisqualität bis zur Infektionsrate und schließt die Kooperation mit den Zuweisern sowie die Nachsorge ein. Dennoch gibt es auch unter den Zentren entscheidende Unterschiede: Die Erfahrungen von Prostatakrebsoperationen reicht von 100 bis 2.000 Operationen pro Jahr.